„Offen sein ist das A und O.“

Modar Hamadie arbeitet als Account Manager in einer internationalen Firma in Mainz.

Mit einem Bachelor in Business Administration kam Modar Hamadie Ende 2015 aus dem Bürgerkriegsland Syrien nach Deutschland. Sein Weg war lang, beschwerlich, aber auch geprägt von vielen wertvollen Begegnungen. 

Ein amerikanisches Unternehmen bereitet seinen Markteintritt in Deutschland vor und benötigt Beratung hinsichtlich geltender Umweltstandards bei Produktverpackungen. Aus Japan kommt ein Anruf von einem Kunden, der wissen will, welche Kosten bei der Entsorgung von Verpackungsmüll in Deutschland auf ihn zukommen. Zwischenzeitlich gehen E-Mails aus Österreich ein, die zeitnah beantwortet werden müssen. Modar Hamadie liebt diese Arbeitstage – busy, abwechslungsreich und international. Der 34-Jährige arbeitet als Account Manager bei der Landbell Group in Mainz. Das Unternehmen bietet globale Beratung und Lösungen für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften beim Lizensieren und Entsorgen von Verpackungen. Modar Hamadies Weg dorthin war lang. Es gab viele beschwerliche Hürden, aber auch positive Erfahrungen und Begegnungen. Er verließ Syrien 2015 wegen des Bürgerkriegs, nachdem er in Aleppo seinen Bachelor in Business Administration absolviert hatte. Sein erstes Ziel war die Türkei, wo seine Eltern und zwei seiner vier Geschwister leben. Doch nach wenigen Monaten spürte er auch hier, wie sehr persönliche Rechte eingeschränkt wurden. Ihm war klar, dass er weiter muss nach Europa.

Er kam über lange Wege nach Deutschland, und wurde in mehreren Flüchtlingsunterkünften in der gesamten Republik untergebracht. Als er endlich einen Aufenthaltstitel bekam, ging er nach Mainz, um Deutsch zu lernen und zu studieren. Hierfür reichte der junge Mann seine Unterlagen zur Anerkennung seines syrischen Bachelor-Abschlusses bei der für ihn zuständigen Stelle, der  Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB), ein. Sein Ziel war ein Masterabschluss in BWL. Doch es kam anders… 

Berufserfahrung statt Studium 
Erstmal wollte Modar Hamadie seine Sprachkentnnisse weiter verbessern. Er begann mit Integrationskursen bei der Volkshochschule in Mainz und erlangte das B2-Sprachniveau. Seine Freizeit füllte er mit Sport – er ist begeistert von Taekwondo – und er betreute ehrenamtlich einen blinden Mann. Es sollte ein Kontakt werden, über den sich weitere Kontakte und Freundschaften ergaben, die ihm neue Wege eröffneten. Unter anderem lernte er jemanden kennen, der ihm empfahl, sich für ein Sprachstipendium bei der Otto-Benecke-Stiftung zu bewerben. „Ich wurde tatsächlich ausgewählt und erhielt daraufhin die Förderung für einen C1-Deutschkurs und einen B2-Englischkurs.“ Und auch folgenden Rat befolgte Modar Hamadie: Statt Studium solle er lieber  Berufserfahrung sammeln. Es folgte ein zehnmonatiges Praktikum bei der IHK Rheinhessen. „In dieser Zeit lernte ich viele Abteilungen der IHK kennen, hatte Kontakt zu Unternehmen und konnte einige Weiterbildungen, z.B. in den Bereichen Import/Export, Projektmanagement, Beschwerdemanagement und Zollabwicklung, absolvieren.“ 

Mit seinem akademischen Fundament, den zahlreichen Weiterbildungen und hervorragenden Sprachkenntnissen fand Modar Hamadie nach dem Praktikum schnell eine Stelle als Account Manager. Nach zwei Jahren wechselte er den Arbeitgeber und ging zum Unternehmen Landbell in Mainz: ein Global Player für Umweltdienstleistungen, wo er seine Sprachkenntnisse in arabisch, deutsch, englisch und türkisch einsetzen kann. „Ich fühle mich sehr wohl. Es ist ein internationales Team. Viele haben ausländische Wurzeln, sodass wir etliche Anknüpfungspunkte haben und viele gemeinsame Erfahrungen teilen.“ 

In Mainz ist der Mittdreißiger, der seit Januar 2023 auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, heimisch geworden. „Es ist eine studentische Stadt, hier leben viele junge Leute, die, wie ich, zugezogen sind. Das verbindet und zeigt sich an der Offenheit, der Kontaktfreudigkeit und den Möglichkeiten.“ 

Dankbar für viele Begegnungen 
Rückblickend ist Modar Hamadie dankbar für viele Begegnungen, die ihn weitergebracht haben, sei es privat, um z.B. eine Wohnung zu finden oder Sport machen zu können, sei es beruflich, um sich mit einem Stipendium und einem Praktikum zahlreiche Türen aufzustoßen. Den größten Anteil an seinem Erfolg hat er allerdings selbst: Er ist aufgeschlossen, kontaktfreudig und immer bereit, etwas Neues zu lernen. Modar Hamadie weiß, dass viele, die hierherkommen, nicht den Mut aufbringen oder ihnen aufgrund einschneidender, teils traumatischer Erfahrungen der Antrieb fehlt, Kontakte zu knüpfen, auf Menschen zuzugehen und sich Netzwerke zu erschließen. Deshalb hat er folgende Idee: „Ich würde mir wünschen, dass es mehr Mentoringprogramme gäbe, wo Menschen wie ich ihre Erfahrungen an andere Geflüchtete weitergeben und ihnen damit helfen können.“ 
 

Weiterführende Links: 

Auch das Wirtschaftsmagazin "Report" der IHK Rheinhessen veröffentlicht die Geschichte über den erfolgreichen Account Manager Modar Hamadie in der Ausgabe 3-24. 

www.make-it-in-rlp.de
www.iq-rlp.de
www.ihk-rheinhessen.de

 

(Foto: Modar Hamadie/privat)